Die aufstrebende Weinnation
Mit einer Gesamtanbaufläche von rund 1,2 Mio. ha befindet sich Spanien unangefochten auf Platz eins aller weinproduzierenden Länder.
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Mit einem Marktanteil von 15% nähert sich das iberische Land somit an die größten Weinproduzenten Italien und Frankreich an. Ein Drittel des spanischen Weines wird exportiert. An der Spitze der Exportstatistik steht dabei überraschenderweise der Cava als direkter Konkurrent zu Sekt oder Champagner, gefolgt von Rioja, Jerez und Valencia. Auch wenn man es anhand der durchschnittlichen Temperaturen nicht vermuten würde, so ist Spanien auch der weltgrößte Weißweinproduzent. Über 50% aller in Spanien produzierten Weine sind Weißweine.
In Qualität und Quantität kann Spanien damit mittlerweile mit seinem Nachbarn im Nordosten konkurrieren. Das Land gehört somit heute zu den wichtigsten weinproduzierenden Ländern der Welt.
Diesen Rang musste sich Spanien allerdings schwer erarbeiten. Galt spanischer Wein lange als Billigprodukt, das gerade gut genug ist, den eigenen Alkoholpegel schnell in die Höhe zu treiben, bemüht sich die Weinindustrie seit den 1970er Jahren darum, die Qualität ihrer Produkte stetig zu verbessern. Ähnlich wie in anderen Ländern, waren auch hier die Klöster des Mittelalters maßgeblich für die Entwicklung des Weinbaus verantwortlich, da die Mönche den Wein nicht nur für die christlichen Messen anbauten, sondern auch, weil Wein immer mehr zu einem geselligen Getränk kultiviert wurde.
Zwei Katastrophen bedeuteten fast das aus
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die spanische Weinindustrie gleich von zwei Katastrophen heimgesucht, die diesen Wirtschaftszweig fast zum Erliegen brachten.
Erst ruinierte der Spanische Bürgerkrieg die Anbauflächen und die Winzer und später lag der europäische Weinmarkt aufgrund des 2. Weltkrieges brach. Seit dem Ende der Francodiktatur und dem Beitritt Spaniens zur EWG im Jahr 1986 erholen sich die Winzer aber wieder und die spanische Weinwirtschaft wird zunehmend konkurrenzfähiger. Die spanische Weinindustrie zählt heute zu den weltweit modernsten und bringt klare, feine und vor allem hochwertige Produkte hervor, die den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen.
Anhand der Größe der Anbaufläche kann man schon sehen, dass sich der Weinbau in Spanien nicht auf einzelne Regionen beschränkt. Tatsächlich wird im ganzen Land Wein angebaut, selbst auf den Kanarischen Inseln. Das prominenteste Weinbaugebiet, das wie kein anderes für spanischen Wein steht, ist Rioja im Nordosten der Iberischen Halbinsel. Zwischen La Rioja, Baskenland und Navarra gelegen, bietet sowohl das Klima, das in den höheren Regionen Nordspaniens deutlich milder ist als im trockenen Landesinneren, und die besonders kalkhaltigen Böden ideale Voraussetzungen für den Weinbau. Dementsprechend groß ist Rioja.
Auf knapp 61000 ha Anbaufläche wachsen vor allem rote Trauben und arbeiten fast 2000 Winzer. Beliebtester Wein dieser Region ist der Tempranillo, der durch seine tiefrote Farbe und den intensiven würzig-fruchtigen Aromen spanische Sonne im Weinglas verkörpert. Bereits seit dem 19. Jahrhundert lassen die Rioja-Winzer ihren Wein in großen Eichenfässern lagern, weshalb der Tempranillo eine unverwechselbare Note besitzt und diesem Weinbaugebiet zu großem Ruhm verhalf.
Die berühmtesten Weinbauregionen Spaniens
Andalusien
Zwischen Jerez und Cadiz liegt eine Weinregion, die eigentlich eher untypische Bedingungen für Rebstöcke bietet. Andalusien ist die südlichste Weinprovinz Spaniens und hat dennoch die zweitgrößte Anbaufläche für Wein.
Im Sommer steigt das Quecksilber gerne einmal auf über 40°C, aber dank der Mischung aus Sand- und Kalkböden, die die Nässe der Wintermonate hervorragend speichern können, trocknen die Reben selbst bei diesen Temperaturen nicht aus. Der Einfluss von Atlantik und Mittelmeer macht den Weinbau in Andalusien daher erst möglich. Die Kombination aus feuchten Böden und intensiver Sonneneinstrahlung erschafft sehr exklusive Produkte.
Der Alkoholgehalt der hier erzeugten Weine liegt deutlich über dem Durchschnitt, weshalb die Vielzahl der andalusischen Weine zu den Likörweinen zählt. Der Bekannteste von ihnen ist der Sherry, der mindestens drei Jahre in Eichenfässern lagern muss, damit er sich so nennen darf.
Ursprünglich ein heller Wein, dunkelt dieser durch den Gärprozess nach und erhält seinen typisch rauen Geschmack. Vor allem in Großbritannien und den Niederlanden findet dieses besondere Produkt reißenden Absatz, ist aber darüber hinaus in aller Welt bekannt und steht wie kein zweiter Wein für die Besonderheiten Andalusiens.
Hänge der Pyrenäen
An der Grenze zu Frankreich liegt eines der ältesten Weinanbaugebiete der Welt. Noch vor der Zeit der Römer kannten die Einwohner Navarras den vergorenen Saft der Trauben. Die Region zwischen den südlichen Hängen der Pyrenäen und dem Fluss Ebro bietet ausreichend Sonneneinstrahlung und mildes Klima.
Mit knapp 18000 ha ist die Anbaufläche zwar relativ klein, aufgrund der Vielseitigkeit der Landschaft und dem Einfluss des Atlantiks, bilden sich aber vielerorts Mikroklima und sorgen für ein breites Spektrum an vielfältigen Weinen.
Eine der am häufigsten angebauten Rebsorten Spaniens wird in Navarra zu einem über die Region hinaus bekannten Roséwein verarbeitet, dem Garnacha Tinta. Obwohl eine rote Sorte, ist Garnacha außerordentlich widerstandsfähig und gedeiht daher prächtig im vergleichsweise milderen Norden Spaniens. Das Bukett ist dementsprechend sehr körperreich und beeindruckt mit den Kirscharomen und der auffallenden Frische.
Spanien hat den schwierigen Sprung vom belächelten Außenseiter zur Wein-Großmacht geschafft. Galt noch Mitte des 20. Jahrhunderts das Motto Masse statt Klasse, gelang dem Land die 180-Grad-Wende, hin zu einer Nation, die Spitzenweine hervorbringt. Neidvoll muss man zugeben, dass spanische Weine ebenso gut sind wie die aus anderen Ländern und mit ihrem jeweiligen regionalen Charakter punkten. Die große Vielzahl der Weinbauregionen macht es möglich – aus dem Repertoire der spanischen Weine findet sich für jeden Geschmack der richtige Tropfen.